Politik / Ratsinformationssystem
Vorlage - VO/2007-046
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Sachverhalt:
Zu Beginn der Ausführungen steht eine Begriffserläuterung:
Ein „Allgemeiner Tarif“ im ursprünglichen Sinn zeichnet sich dadurch aus, dass er der Allgemeinheit zur Verfügung steht und die Konditionen durch die Stadtvertretung (über den Werkausschuss) beschlossen werden. Weiteres wesentliches Merkmal der Stromtarife ist, dass sie seit jeher genehmigungspflichtig sind. Eine dem Wirtschaftsministerium in Kiel angegliederte Preisaufsichtsbehörde hat in den letzen Jahrzehnten auf Antragsbasis Preisgenehmigungen erteilt.
Ein „Sondervertrag“ hingegen, kann sich auf eine ggf. spezielle Zielgruppe richten und die Konditionen werden nach kaufmännischen Gesichtspunkten von der Werkleitung ermittelt. Hierunter fallen in erster Linie alle Gewerbe- und Industriekunden. Mit erscheinen von Yello-Strom im Jahr 2000 wurde auch für Stromkunden in Haushaltsgröße ein Sondervertrag eingeführt. Dieser sollte den Wechsel zu anderen Anbietern in Grenzen halten.
Zurück zu den genehmigungspflichtigen „echten“ Tarifen: Ein Antrag auf Genehmigung von Allgemeinen Stromtarifen beinhaltet eine umfangreiche Darstellung der Kosten- und Erlöslage. Somit wurden bereits vor der Netzentgeltregulierung indirekt auch die Netznutzungsentgelte als Preisbestandteil des Endkundenpreises mit geprüft und genehmigt. Der letzte Preisantrag wurde Mitte 2005 für das Jahr 2006 gestellt. Wesentlicher Faktor bei jedem Preisantrag sind natürlich die Stromgestehungskosten. In den Jahrzehnten zuvor waren die Strombezugskosten auch im Vorwege relativ sicher kalkulierbar, da über langfristige Bezugsverträge mit Preisgleitklauseln eine sichere Prognose möglich war. Im Antrag vom 25.10.2005 konnten die tatsächlichen Bezugskosten jedoch nur für den Teil sicher benannt werden, welcher für 2006 bereits eingekauft war.
Kurzer Exkurs, unter welchen Prämissen die Stadtwerke Barmstedt Strom einkaufen:
Der Strombedarf unserer Haushaltskunden im Netzgebiet Barmstedt ist unter Ausblendung der wechselwilligen Kunden relativ sicher planbar. Als Leiter eines öffentlichen Unternehmens ist es selbstverständlich, dass der Stromeinkauf, bzw. der Stromhandel in keiner Weise spekulativ zu erfolgen hat. Spekulativ wäre es, sämtliche Bedarfsmengen zu einem Zeitpunkt einzukaufen, in der Hoffnung, dass zu diesem Zeitpunkt der Preis am niedrigsten ist und zukünftig die Handelspreise steigen werden. Spekulativ wäre es, Mehrmengen mit der Hoffnung einzukaufen, sie nach gestiegenen Handelspreisen gewinnbringend zurück verkaufen zu können. Spekulativ wäre es, den Stromeinkauf bis auf „den letzten Tag“ hinauszuzögern, in der Hoffnung, dass die Handelspreise dann niedriger sind als zuvor. Deshalb findet der Stromeinkauf ausschließlich bedarfsorientiert und mehrfach im Jahr vor dem Lieferjahr statt.
Somit wird deutlich, dass der Strombedarf für ein Lieferjahr jeweils im Vorjahr eingekauft wird. Für den Strompreisantrag des Lieferjahres 2006 wurde der Strom größtenteils in 2005 eingekauft und floss kostenmäßig mit in den Preisantrag ein.
Der Gesetzgeber hat im Zuge der Beratungen zum neuen Energiewirtschaftsgesetz erkannt, dass der gewollte freie Wettbewerb und eine Preisaufsichtsbehörde widersprüchlich sind. Es kann nicht sein, dass Wettbewerb herrscht, die Handelspreise an der Börse frei sind und eine Preisaufsichtsbehörde den Versorgungsunternehmen die Tarife vorschreibt. Deshalb wurde mit Verabschiedung des EnWG am 07.07.2005 auch die Einstellung der Preisaufsichtsbehörde zum 01.07.2007 beschlossen.
Mit diesem Endzeitpunkt vor Augen, wurde am 24.11.2005 eine Preisgenehmigung durch die Kieler Behörde erteilt. Jedoch bis zum 30.06.2007!
Es wurde somit eine Preisgenehmigung (besser: Preisvorgabe) für einen Zeitraum erteilt, für den kein Antrag gestellt wurde und auch keine Kalkulation vorlag.
Siehe Anlage „Preisentwicklung EEX“.
Anhand der Entwicklung der Handelspreise kann man erkennen, dass für das Lieferjahr 2007 die Beschaffungskosten deutlich über den Beschaffungskosten für 2006 lagen. Intensivste Gespräche bis in das Wirtschaftsministerium hinein, konnten eine Anpassung der Tarifpreise 2007 an die Entwicklung der Handelspreise nicht durchsetzen.
Die Werkleitung hat zum 01.01.2007 alle Sonderverträge angepasst. Beim McWatt betrug diese 0,60 Ct/kWh netto. Die Anpassung setzt sich zusammen aus der Differenz der Handelspreise abzüglich einer sich abzeichnenden Senkung der Netzentgelte. Eine Anpassung der Tarife konnte und durfte nicht durchgeführt werden.
Der Tarif E und der McWatt unterscheiden sich strukturell. Mit einem niedrigeren Arbeitspreis, aber dafür höherem Grundpreis ist der McWatt seit jeher erst bei höheren Verbräuchen vorteilhaft. Bei Neukunden haben wir dieses berücksichtigt und den Kunden entsprechend beraten. Der Überschneidungspunkt hat sich durch die einseitige Preisanpassung verschoben. Bei 1.250 kWh war der McWatt aufgrund seines höheren Grundpreises auch vor der Verschiebung nicht günstiger, insofern ist eine derartige Vergleichsrechnung irreführend. Siehe Anlage „Strompreise Haushalt aktuell“.
Zum 01.07.2007 ist eine Anpassung des Tarif E und aller anderen (bisher) genehmigungspflichtigen Tarife geplant. Siehe Anlage „Allgemeine Tarife zum 01.07.2007“
Abschließend einige Erläuterungen zum Thema „heimliche Sonderrabatte“.
Das Angebot „McWatt“ wurde eingeführt, um als Abwehrprodukt gegenüber Yello-Strom zu fungieren. Bereits seit ca. 2 Jahren agiert ein Stromanbieter, welcher mit günstigen Angeboten auf Platz 1 der meisten Preisvergleiche rangiert.
Dieser Anbieter kann aus zweierlei Gründen günstiger anbieten:
1. Es handelt sich um einen Paketpreis. Der Kunde kauft eine feste Menge Strom (z.B. 3.600 kWh) Diese Menge muss zum einen voll bezahlt werden und etwaige Mehrmengen werden derzeit mit 25,30 Ct/kWh extra berechnet. Mindermengen werden nicht vergütet.
2. Der Anbieter verlangt Vorauskasse und Einzugsermächtigung. Der Paketpreis und die Grundgebühr für ein Jahr sind im Voraus zu zahlen, und werden ca. acht Wochen vor Lieferbeginn abgebucht.
Der Anbieter kann somit deutlich anders kalkulieren als bei üblichen Angeboten.
Wir sind von einigen Kunden auf dieses Angebot angesprochen worden und mussten entsprechend reagieren. Die Werkleitung hatte folgende Entscheidung getroffen:
1. Es wird denjenigen Kunden, welche uns eine konkrete Wechselabsicht zu diesem Drittanbieter andeuten, ein Nachlass von 10% auf den Stromarbeitspreis gewährt.
2. Voraussetzung ist, dass für alle Lieferungen und Leistungen quartalsweise Vorkasse zu leisten ist.
3. Ein Strompaket mit teuren Mehrmengen bzw. verfallenen Mindermengen wird nicht angeboten, da dieses der Werkleitung unseriös erscheint.
4. Dieser Nachtrag wird nicht beworben, da es sich um eine Bevorzugung der liquiden Kunden gegenüber denjenigen handelt, welche lediglich monatliche Teilbeträge leisten können. Außerdem wird der Vorteil im Arbeitspreis durch den Zinsnachteil teilweise relativiert.
Dieser Nachtrag kann lediglich bis zum 01.04. eines Jahres abgeschlossen werden, da andernfalls keine Vorauszahlung mehr gegeben ist.
Dieses Angebot steht und stand in keinem Zusammenhang mit der seit dem 01.01.07 aufgetretenen Verschiebung zwischen dem Tarif E und McWatt.
Zum 01.01.2008 ist eine komplette Überarbeitung der Tarifstrukturen geplant. Für die kommende Sitzung wird eine ausführliche Ausarbeitung vorbereitet. Ziel wird es sein, zum einen die Haushaltstarife in Barmstedt mit den externen anzugleichen, sowie der gesetzlichen Forderung nach einem Grund- und Ersatzversorgungstarif nachzukommen.
Die Werkleitung empfiehlt eine Anpassung der Allgemeinen Tarife zum 01.07.2007 gemäß Anlage „Allgemeine Tarife zum 01.07.2007“, um der Entwicklung der Einkaufskonditionen gerecht zu werden.
Die absolute Anpassung beträgt 0,96 Ct/kWh netto. Jahresanteilig betrachtet entspricht sie einer Anpassung von 0,48 Ct/kWh netto. Durch die Anpassung des Grundpreises von 0,21 €/Jahr wird der Grundpreis bewusst niedrig und deutlich unter dem des McWatt gehalten. Hierdurch ist sichergestellt, dass die Mehrbelastung kleiner Haushalte so gering wie möglich bleibt.
Zuständig ist die Stadtvertretung.
Beschlussvorschlag:
Der Stadtvertretung wird vorgeschlagen, der Anpassung der Tarifpreise zum 01.07.2007 gemäß Anlage „Allgemeine Tarife zum 01.07.2007“ zuzustimmen. Die Werkleitung wird aufgefordert, für die kommende Sitzung einen Vorschlag zur neuen Tarifstruktur ab dem 01.01.2008 vorzulegen.
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Anlagen: | |||||
Nr. | Name | ![]() |
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1 | Preisentwicklung EEX (663 KB) | |||
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2 | Strompreise Haushalt 01 07 2007 (588 KB) | |||
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3 | Allgemeine Tarife zum 01 07 2007 (1376 KB) |
Kontakt & Öffnungszeiten
Telefon: 04123 681-01
Fax: 04123 681-260
E-Mail: info[at]stadt-barmstedt.de
De-Mail-Adressen:
Stadt Barmstedt: posteingang[at]barmstedt.sh-kommunen.de-mail.de
Amt Hörnerkirchen: posteingang[at]hoernerkirchen.sh-kommunen.de-mail.de
Leitweg-ID: 010565636-0000-76